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13.09.2013

Holzwurm in Kirche geht zum Teufel

Gotteshaus in Zützen erhält frisch restaurierte Barockkanzel
ZÜTZEN Sie hat 300 Jahre Dorfgeschichte miterlebt, zählt zu den ältesten und kostbarsten Kirchenschätzen der Region. Über Generationen hinweg wurde von ihr jeden Sonntag gepredigt. Dann setzte ihr der Holzwurm zu. Vor etwa 20 Jahren war sie plötzlich verschwunden. Nun hat Zützen seine frisch restaurierte Barockkanzel zurück. Zur Feier des Tages veranstaltet der Ort am Sonntag um 18 Uhr in der Dorfkirche ein Benefizkonzert.

Brigitte Bub (u.l.) und Andrea Sieling (o.) sind mit Restaurierungsarbeiten an der 300 Jahre alten Barockkanzel beschäftigt. Dagmar Petschick (r.) von der Kirchengemeinde hofft auf weitere Spenden.
Foto: R. Hofmann

 

In den 90er Jahren wurde die Kanzel abgebaut, zerlegt und neben der Kirche im Pfarrhaus untergebracht. „Der Grund für den Abbau war fehlende Standsicherheit“, sagt Dagmar Petschick von der Kirchengemeinde. Außerdem hatte der Holzwurm einige Elemente der Kanzel stark beschädigt. Im Pfarrhaus geriet sie lange Zeit in Vergessenheit.

Bis sich Annegret Gehrmann vom Förderkreis Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz und die Gemeindekirchenältesten eines Tages über die verschollene Kanzel unterhielten. „Da entstand der Gedanke, sie zu restaurieren“, denkt Petschick zurück. Das Problem: Die Kosten für die Restaurierung belaufen sich auf 15 000 Euro, die von der kleinen Gemeinde Zützen allein nicht zu stemmen sind. „Also beantragte ich letztes Jahr Fördermittel“, berichtet Dagmar Petschick. Unterstützung bekam sie neben der Kreisdenkmalpflege auch vom Förderkreis Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz sowie vom Kirchen-Förderkreis Berlin-Brandenburg. „Wir haben außerdem eine Spendenaktion ins Leben gerufen, Handzettel verteilt und Firmen angeschrieben. Durch das Benefizkonzert am Sonntag soll der Topf noch aufgefüllt werden“, sagt Petschick.

Kanzel als Kulturerbe

Die Zützenerin setzt sich sehr für die Restaurierung der Barockkanzel ein. „Für mich hat die Kanzel einen enormen künstlerischen Wert“, sagt Petschick. Die historisch interessierte Dorfbewohnerin beschäftigt sich seit Jahren mit der Ortschronik, spricht im Zusammenhang mit der Kanzel von einem „Kulturerbe“. Dagmar Petschick erinnert sich voller Begeisterung an Dokumente über das ursprüngliche „Schmuckstück“ der Kirche. „Die Barockkanzel und der Altar sind um 1710 entstanden“, berichtet sie. Gedrechselte Säulen, Ornamente und Gemälde zieren den aus Eichenholz geschnitzten Kanzelkorb.

Vor 300 Jahren wurde dieser in der Werkstatt des Luckauer Malers Christian Zimmermann angefertigt. Die Kanzel überdauerte mehrere Herrschergeschlechter. „Nachdem Zützen nach dem 30-jährigen Krieg fast komplett abgebrannt war, ist die Kanzel das Einzige, was uns aus dieser Zeit geblieben ist“, sagt Petschick. Um 1900 erfolgte eine zweite Farbfassung. Doch der Zahn der Zeit und der Holzwurm nagten an dem Kanzelkorb, sodass er schließlich abgerissen wurde und die letzten 20 Jahre in der Versenkung verschwand. Bis zur Wiederentdeckung.

Experten legen Hand an

„In den vergangenen drei Monaten befand sich die Kanzel im Atelier des Jenaer Restaurators Gerd Wollenschläger, der in mühevoller Detailarbeit die verloren gegangenen Teile originalgetreu nachschnitzen und einpassen konnte“, so Petschick.

Nun wird die vergraute Farbe an der Kanzel von der Berliner Restauratorin Brigitte Bub wieder zum Strahlen gebracht. „Mit einem Glasfaserradierer wird der vergilbte Lack gedünnt und abgenommen, um die ursprüngliche Farbfassung wieder sichtbar zu machen“, erläutert Bub. „Außerdem müssen wir ergänzte Teile wie Leisten und Schnitzwerk in der Farbigkeit wieder rekonstruieren.“ Die geschädigte Farboberfläche auf den originalen Teilen wird anschließend retuschiert. Der Feinschliff dauert noch bis Oktober. „Eine Kanzel-Weihe soll im November erfolgen“, sagt Dagmar Petschick. Dann wird sie durch den Ortspfarrer in den Dienst Gottes gestellt.

Von Rüdiger Hofmann, erschienen in der Lausitzer Rundschau

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