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18.04.2017

Der Wandel zum neuen Glauben

LUCKAU Die Reformation war ein komplexer und langer Umbruchsprozess. Deutlich wird das insbesondere in einem nur schrittweisen und keineswegs kompletten Wandel der Kirchenausstattungen.

Den Wandel in den Kirchenausstattungen veranschaulichte Sylvia Müller-Pfeifruck.
Foto: bkh1

 

Wie sich dieser in Brandenburg und Berlin vollzog, veranschaulichte die Berliner Kunsthistorikerin Sylvia Müller-Pfeifruck in der Luckauer Kulturkirche. In einem bebilderten Vortrag zeigte sie einerseits auf, wie mit den mittelalterlichen Ausstattungen in der Reformationszeit umgegangen wurde. Andererseits betrachtete sie die protestantische Neuausstattung der Kirchen.

So sind bis heute noch viele mittelalterliche Altarretabel (Altaraufsätze) erhalten, darunter in den Kirchen von Brandenburg und Bernau. Bis heute seien weniger reformatorische als mittelalterliche Altaraufsätze erhalten geblieben. In manchen Kirchen wurden die Figuren entsprechend dem neuen Glaubensbild einfach umgestaltet, Heilige zu Jüngern umgewidmet. „Das zeigt auch den langen Abschied vom alten Glaubensbild, in dem Maria mit den Heiligen im Mittelpunkt stand.“ Viele der zuvor zahlreichen Nebenaltäre seien aber schon während der Reformationszeit abgeschafft worden. In Stadtkirchen wurden sie oftmals zu Gedächtnisräumen für die weltliche Obrigkeit umfunktioniert. Glasmalereien auf Fenstern blieben hingegen lange Zeit erhalten, auch in Dorfkirchen. Die zumeist üppige, spätmittelalterliche Wandmalerei sei einfach mit einem weißen Anstrich übermalt worden.

Sehr verbreitet und bis zur Reformation mit zunehmender Tendenz seien Begräbnisstätten sowie Epitaphien zur Erinnerung an verstorbene Mitglieder bedeutsamer Familien in Kirchen errichtet worden. In der Luckauer Nikolaikirche habe sich etwa Familie von Paserin vier Begräbnisorte eingerichtet. Diese Tradition fand auch nach der Reformation ihre Fortsetzung. Der Sarkophag erlebte eine Blütezeit. Die Beesdauer Kirche habe zum Beispiel die Familie von Pohlenz als Memorialkirche gewählt. Aufgrund der Epitaphien seien die Verstorbenen auch während des Gottesdienstes anwesend. In der Beesdauer Kirche befinde sich zudem der älteste Kanzelaltar der Mark Brandenburg, 1566 errichtet. „Kanzelaltäre waren aber kein typisches Merkmal der Reformation“, erläuterte die Kunsthistorikerin. Typisch für protestantische Kanzeln seien Kanzeluhren geworden, um die Redezeit der Predigt zu begrenzen. Auch das Gestühl in Kirchen wurde erst im Zuge der Reformation eingebaut und die Plätze verkauft. Es wurde ein Kirchenstuhlrecht eingeführt. Heute seien in manchen Kirchen noch die Namen ehemaliger Besitzer eines Platzes zu lesen.

Vieles von den mittelalterlichen Ausstattungen sei in späteren Jahrhunderten verloren gegangen, durch die Umgestaltungen während des Barock sowie in der Neuzeit. „Der erhaltene Bestand macht jedoch deutlich, dass es in Brandenburg und in der Niederlausitz im Zeitalter der Reformation weder einen flächendeckenden Bildersturm noch eine flächendeckende Neuausstattung der Kirchen gegeben hat“, resümierte Sylvia Müller Pfeifruck. Vielmehr spiegelten die Kirchenausstattungen sehr gut den mehrere Generationen währenden Prozess des Ringens um den neuen Glauben wider.

Birgit Keilbach (vollständiger Text unter www.lr-online.de)

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