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29.09.2016

Adler tauchen aus dem Fußboden auf

Restauratoren holen in der Riedebecker Kirche seltene Mittelalter-Schätze wieder ans Licht
RIEDEBECK Adler, Kreuz, siebenzackiger Stern: Restauratoren holen aus den Ziegeln des mittelalterlichen Fußbodens in der Riedebecker Kirche kunstvolle Ornamente ans Licht. Vergleichbares sei deutschlandweit äußerst selten zu finden, sagt Sonia Cardenas vom Büro CBB-Restaurierung Berlin.

Vorsichtig löst Sonia Cardenas Gipsauflagerungen von mittelalterlichen Ziegeln im Riedebecker Kirchenfußboden ab. Ein Großteil der Fläche ist bereits aufwendig gesäubert.
Foto: be

 

Seit Ende August sind die Experten in Chorraum und Apsis bei der Arbeit. Riedebecks Kirche gilt als älteste im Raum Luckau und in der weiteren Region. Vermutlich wurde zwischen 1220 bis 1230 mit dem Bau begonnen. Die Ornamente datieren um 1400 und stehen damit zeitlich wohl für die Vollendung des Gotteshauses, wie Annegret Gehrmann, Vorsitzende des Förderkreises Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz, erklärt.

Vom Barock bis Ende der 1950er Jahre war der Chorraum vom Kirchenschiff durch einen Hochaltar getrennt. Erst nach einem Rückbau der barocken Elemente in den Jahren von 1959 bis 1964 wurde er wieder zugänglich. „Wohl deshalb haben sich die Ornamente nicht wie anderswo durch Betreten komplett abgenutzt“, sagt Sonia Cardenas.

Versteckt unter Gips

Allerdings war der Schatz zugedeckt von einer stark vergrauten Schicht. Bei ersten Untersuchungen durch die Fachhochschule Potsdam im Jahr 2014 seien Vergipsungen auf der Oberfläche festgestellt worden, so die Restauratorin aus Berlin. Wegen dieser Auflagerungen konnte Nässe nicht nach oben entweichen, so dass der Fußboden stark durchfeuchtet war, erklärt sie.

Vorsichtig saugen die Experten zunächst die Oberfläche der Fußbodenfliesen ab. Wie auf eine Wunde legen sie auf die Steine Kompressen, um Verkrustungen zu lösen, die dann mit einem Schwamm aufgenommen werden. „Jeder Stein wird einzeln behandelt“, so Sonia Cardenas. Unter der Kruste treten die rote Farbe der Ziegel und die Konturen der Ornamente wieder hervor. Schadhafte Stellen an den Steinen seien zu ergänzen, offene Fugen werden mit Sand verfüllt, beschreibt Sonia Cardenas die nächsten Aufgaben. Bis voraussichtlich Ende Oktober werden die Berliner Restauratoren noch in Riedebeck im Einsatz sein, schätzt sie und sagt: „Es ist schön, bei einer so besonderen Aufgabe dabei sein zu dürfen.“

Jedem Ornament komme in der christlichen Symbolik eine Bedeutung zu, ergänzt Förderkeis-Vorsitzende Annegret Gehrmann. Dr. Markus Agthe vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege habe sich in den 1990er Jahren in einer Forschungsarbeit mit diesem Thema befasst. Demnach steht der Adler mit nach links gedrehtem Kopf und ausgebreiteten Schwingen für die Auferstehung und die Taufe. Ein stilisiertes Kreuz, die so genannte Swastika, sollte Unheil abwehren und gegen den Teufel schützen. Noch nicht bekannt sei, was es mit dem siebenzackigen Stern auf sich habe, so Annegret Gehrmann. Die Kosten für die Restaurierung beziffert sie auf rund 24 000 Euro. Die Mittel kommen vom Land, dem Landkreis, dem Förderkreis Alte Kirchen, vom Kirchenkreis und der Kirchengemeinde.

Ungelöste Rätsel

Das Gotteshaus von Riedebeck birgt nicht nur Schätze, zu denen neben dem Fußboden und beeindruckenden, teils bereits restaurierten Wandmalereien auch die Holzfiguren auf dem Flügelaltar aus der Zeit um 1500 gehören – es gibt auch Rätsel auf. So hat die Kirche neben dem Flügelaltar einen weiteren mittelalterlichen Altar im Chorraum, obwohl Riedebeck nie zu einem Kloster gehörte, sich also Mönche und Laien den Kirchenraum nicht teilen mussten, sagt Annegret Gehrmann. Aus vorreformatorischer Zeit stammen zudem zwei Eingänge, eine Laien- und eine Priesterpforte. Nicht von Ungefähr wird die Kirche deshalb 2017 Teil einer Veranstaltungsreihe in der Region zum 500. Jubiläum der Reformation sein, die der Förderkreis organisiert. Interessierte können sich den 2. Mai, 19.30 Uhr, notieren. Dann wird Pfarrer Albrecht Bönisch aus Görlitz in Riedebeck einen Dorfgottesdienst am Vorabend der Reformation erlebbar machen.

Zum Thema:
Der Förderkreis Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz unterstützt den Erhalt und künftige Nutzungskonzepte für rund 50 Kirchen in der Region. Er bietet auch Führungen in den Kirchen an. Nähere Auskünfte zu den Gotteshäusern, zur Arbeit des Vereins und zu Spendenmöglichkeiten gibt es im Internet unter www.kirchen-luckauer-niederlausitz.de, Telefon 035454/ 393, E-Mail: info@kirchen-luckauer-niederlausitz.de

Von Carmen Berg, erschienen in der Lausitzer Rundschau

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