Schwerpunkte

Unterstützung der Kirchengemeinden
→ zurück

27.01.2018

260 Jahre altes Zeugnis des Kummers soll gerettet werden

GROSS LEUTHEN. Kirchengemeinde sammelt Geld zur Sanierung eines Grabmals in Krugau. Es soll künftig einen Platz neben dem Altar finden.

Brigitte Araiza und Pfarrer Arndt Klemp-Kindermann wollen das Grabmal vor dem Verfall retten.
Foto: Franziska Dorn

 

Die Evangelische Hoffnungskirchengemeinde Groß Leuthen und Umland will einen besonderen Grabstein vor dem Verfall retten und sammelt für dieses Vorhaben Geld. Es ist das Grabmal von Johann Christoph Schmidts aus Biebersdorf, der 26-jährig am ersten Weihnachtsfeiertag im Jahr 1759 verstarb – Zeugnis eines großen Kummers. Schmidts war ein einfacher Bürger ohne besondere Verdienste. Diese Tatsache sowie die berührende Inschrift machen seinen Grabstein einzigartig.

Wohl über drei Jahrhunderte hinweg stand deretwa 1,60 große Grabstein von Johann Christoph Schmidts an der Südseite der Kirche auf dem Krugauer Friedhof. Wind und Wetter haben dem Denkmal mächtig zugesetzt, sodass der in den Sandstein gemeißelte Text und dieVerzierungen kaum noch zu erkennen sind. An manchen Stellen lösen sich Teile des Steines ab.

Als Brigitte Araiza vor fünf Jahren nach Krugau zog, ist sie auf den Grabstein aufmerksam geworden. „Seine Größe sprach für das Grabmal eines Adeligen, zumindest eines reichen Bürgers oder eines Menschen mit besonderen Verdiensten, doch ich sollte mich täuschen“, sagt die Seniorin.

Johann Christoph Schmidts war Sohn eines einfachen Bierbrauerehepaares aus Biebersdorf. Die Trauer über den Verlust ihres einzigen Kindes haben Annen und Christoph Schmidt mit einem überdurchschnittlich großen, von beiden Seiten bearbeiteten und aufwendig gestalteten Sandsteingrabmal zum Ausdruck gebracht, einmal mehr verdeutlicht durch eine lange Inschrift. Glücklicherweise ist der Text, der mit den Worten „Es war die einzige Pflanze und Blume, so in dem Ehestandsgarten. Er blühte wie eine Blume aufn Felde“ beginnt, zuvor in der Kirchenchronik dokumentiert worden.

Brigitte Araiza fühlte sich vom Schicksal der Familie und der Sprachgewalt des Textes berührt. Sie war sofort mit im Boot, als 2017 Pfarrer Arndt Klemp-Kindermann die Initiative für die Restaurierung ergriff. Mathias Koch, Mitarbeiter der unteren Denkmalschutzbehörde Dahme-Spreewald, lobt das Vorhaben. Man habe es hier in der Tat mit einem außergewöhnlichen Fall zu tun. „Es handelt sich um eine aufwendig gearbeitete Sandsteinstele in der bewegten Formensprache des Rokoko. Auf dem stark verwitterten Kunstwerk sind zwei Frauengestalten zu erkennen, die einen Aufsatz zu tragen scheinen. In diesem oberen Feld werden zwei Engelköpfchen seitlich von den für das Rokoko typischen Muschelmotiven gerahmt. Darüber ist eine Krone zu erkennen, wohl das Motiv der so genannten Totenkrone. Frauen, Männer und Kinder, die unverheiratet starben, wurden nach ihrem Ableben oft mit einer reich verzierten Totenkrone geschmückt. Der anrührende Text verdeutlicht die große Trauer der Eltern. Vielleicht erklärt dies die für einen Bürgerlichen im ländlichen Raum damals ungewöhnlich aufwendige Grabmalform, die eher auf städtischen Friedhöfen dieser Zeit oder für einen Vertreter des Landadels zu erwarten wäre.“

Für die Restaurierung hat die Kirchengemeinde Andreas Rentmeister hinzugezogen. Auch er unterstreicht die Besonderheit des Grabmals von Krugau. „Bei dem Material handelt es sich um Elbsandstein aus dem Cotta-Gebiet. Man muss sich die Transportmöglichkeiten im 18. Jahrhundert vorstellen. Es ist zu vermuten, dass der Stein über den Wasserweg, also über die Elbe und die Spree und schließlich per Ochsen- oder Pferdewagen nach Krugau gelangt ist.“

Etwa 5000 Euro soll die Rettung des wertvollen Grabsteines kosten. Zum Schutz vor weiteren Schäden ist das Monument zunächst in die Kirche verlagert worden. Hier ruht es in einer Art Badewanne, die Pfarrer Arndt Klemp-Kindermann in den Sommermonaten regelmäßig mit Wasser befüllte, damit sich schädliche Salze aus dem Stein lösen. In der nächsten Stufe sollen Moos und Bewuchs entfernt werden. Beschädigte Stellen sollen gerettet werden.Ein Sand soll zum Härten aufgetragen werden.

Brigitte Araiza gehört zu den ersten Spenderinnen. Sie möchte weitere gewinnen. „Dieser Stein ist ein außergewöhnliches Schicksalszeugnis einer Familie. Ich wünsche mir, dass der Grabstein für die Nachwelt erhalten bleibt“, wirbt die 76-Jährige.

Der Grabstein soll seinen Platz im Inneren der Krugauer Kirche finden, neben dem Altar. Zugleich kommt man dem Wunsch der Eltern nach, denn sie lassen die Inschrift mit folgenden Worten enden: Und ob man wohl seine Stätte unter den Lebendigen nicht mehr kennt, so wird doch sein guter Wandel, den er im Leben geführt, auch nach dem Tode beständig seinen guten Geruch von sich geben.

Die Restaurierung des Grabsteins kann mit einer Spende auf das Konto der Kirchengemeinde unterstützt werden: Ev. Kirchenkreisverband Niederlausitz, IBAN: DE96 3506 0190 15 44 44 40 14 – Verwendungszweck: RT 1001, Spende Grabmal.

Franziska Dorn, erschienen in der Lausitzer Rundschau

→ zurück