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10.08.2009

Wiener Charme in Orgel-Tönen in der Zieckauer Kirche

ZIECKAU. Eine Veranstaltung für Leute mit Stehvermögen und Musikliebe hat am Samstag in der kleinen Zieckauer Dorfkirche wohl mehr als 60 Gäste gefordert und erfreut. Die Veranstalter der Zieckauer Sommerkonzerte und des Internationalen Orgelfestivals „Mixtur im Bass“, Lothar Treder-Schmidt und Rudolf Bönisch, hatten sich erneut für ein Angebot zusammengetan. Das war erfolgreich, und daran hatte der Wiener Organist Jan Blahuta einen großen Anteil.

Jan Blahuta aus Wien ließ die Orgel mit ihren musikalischen Feinheiten
in der Zieckauer Kirche erklingen. (Foto: -ds)

 

Veranstaltungen in der Reihe „Mixtur im Bass“ haben ein Grundschema, das Interesse weckt: Führung durch die Geschichte der Kirche, Hinweise zur Historie der Orgel und schließlich das Orgelkonzert selbst. Das Angebot war für viele in Zieckau ansprechend, und die Zieckauer Gastgeber setzten mit ihrer Kaffeetafel vor der Veranstaltung im Kirchgarten und vielen Gesprächen noch eins drauf.

Dabei ist die Zieckauer Kirche, erbaut als Feldsteinkirche aus dem 14. Jahrhundert mit Baumaterial von den Äckern der Region, mit ihrer Innenausstattung heute eigentlich eine „Mogelpackung“. Lothar Treder-Schmidt wollte das zwar bei seiner Kirchenführung nicht so deutlich sagen. In gedruckten Kirchenführern steht immer zu lesen, dass das ursprüngliche Inventar durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges zerstört worden sei. Einesteils ist das richtig, aber Treder-Schmidt verwies auch darauf, dass zum Ende des Zweiten Weltkrieges Zieckau als „Durchgangsdorf für Fremdarbeiter und vielleicht auch für Teile der Wlassow-Armee“ von den Nationalsozialisten komplett mit seinen Bewohnern geräumt worden war. Die Kirche wurde ebenfalls als Unterkunftsraum missbraucht. Danach waren nur noch die Mauern und ein marodes Dach samt Kirchturm übrig.

Das Gestühl auf der kleinen Empore, worauf heute Gäste Platz nehmen können, stammt aus der Heiliggeist-Kapelle in Luckau. Ende der 1940er, Anfang der 1950er Jahre ist jene Kapelle als Zufluchtsort für Vertriebene genutzt worden und das Mobiliar samt Altar, Kanzel und eben auch der kleinen Orgel nach Zieckau umgesetzt worden.

„Zu bauen hatten wir seitdem genug“, so Treder-Schmidt. Dank der Gemeinde, aber auch des Ortes und nun des Landes sowie zahlreicher Gönner konnte vieles hergerichtet werden.

„Mit der Glietsch-Orgel, erbaut wohl 1842, hat diese Kirche nach der umfassenden Rekonstruktion ein klingendes Kleinod, das ganz auf den Kirchenraum angepasst zu sein scheint“, urteilte Albrecht Bönisch als Orgelsachverständiger der evangelischen Landeskirche bei seiner Vorstellung des Instruments.

Die kleine Orgel mit der barocken Stimmung ließ unter den Händen von Jan Blahuta in einem fast zweistündigen Konzert – mit Pause – Wiener Charme und barocke Fülle trotz ihrer auf neun Register beschränkten Möglichkeiten hören. In Zieckau noch nie aufgeführte Kompositionen wie zwei Sonaten des barocken Wiener Hofkapellmeisters Johann Joseph Fux und des Musikerziehers der späteren Kaiserin Maria Theresia Gottlieb Muffat erklangen in ihrer fili granen Schönheit.

Zu einer kleinen Hör-Härteprobe wurden allerdings die insgesamt 17 Melodien, die Joseph Haydn für die seinerzeit beliebten Flöten-Uhren schuf. Blahuta spielte sie zwar mit ihren melodiösen zierlichen Feinheiten, aber etliche Zuhörer im Publikum waren von der Länge dieser zusammengefassten Werke doch gefordert. Ähnlich war das mit Teilen des „Wohltemperierten Klaviers“ von Bach und Mozarts Bearbeitungen davon, bei denen die Hörer mit dürftigen Erklärungen ziemlich allein gelassen wurden und ihnen nur die Bewunderung für schönes Orgelspiel blieb.

-ds, erschienen in der Lausitzer Rundschau

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