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15.10.2018

Sorgenkind wird zur ersten Hörspielkirche

Thema beim LR-Stammtisch am 25. Oktober in Prensdorf: Neues Leben für alte Gotteshäuser.

Li. Der Handglockenchor aus Gotha hat unlängst das Publikum in der Prensdorfer Kirche begeistert. Re. Eckhard Schliebner vom Gemeindekirchenrat schließt von Frühjahr bis Herbst täglich für Ausflügler auf. Seit dem Sommer können Gäste in den Bänken auch Hörspielen lauschen.
© Foto: Carmen Berg

 

Im 100-Seelen-Dorf geschehen Dinge, an die vor gut zwei Jahren kaum jemand gedacht hätte. Bekommen Einheimische Besuch, gehört zum Spaziergang ganz selbstverständlich ein Abstecher in die Kirche. Im Gästebuch des Gotteshauses finden sich zahlreiche Einträge von Touristen, die über die Fläming-Skate nach Prensdorf kommen. Von April bis Oktober ist die Kirche täglich offen. Regelmäßig finden in der schönen Jahreszeit Konzerte und andere Kulturangebote statt. In diesem Sommer startete im Gotteshaus ein besonders spannendes Projekt – die erste Hörspielkirche der Region.

Keine Frage, die Kirche ist das lebendige Zentrum des Ortes geworden. „Das hätten wir uns nicht träumen lassen, vor allem nicht so schnell“, gesteht die Prensdorferin Ines Kafert. Es ist noch nicht lange her, da war der Turm stark sanierungsbedürftig und drohte einzustürzen. Gemeinsam mit Einwohnerin Doreen Roy hatte Ines Kafert die Idee, mit Kultur Geld für die Rettung zu sammeln. Die Frauen organisierten die ersten Angebote, andere Prensdorfer zogen mit, halfen, wo Hände gebraucht wurden, hießen Konzertbesucher mit leckeren Kuchen willkommen. In Pfarrerin Britta Rostalsky hatten die Prensdorfer eine enge Verbündete.

Mehrere Tausend Euro kamen durch die Eigeninitiative zusammen. Weitere Geldgeber ließen sich animieren. In die Baukosten von rund 205 000 Euro flossen der Pfarrerin zufolge rund 165 000 Euro aus Fördermitteln ein, das Gros aus dem europäischen Programm für die integrierte ländliche Entwicklung.

Im Frühjahr 2017 ging`s los. Ein Großteil der Hölzer im Turm war beschädigt, musste behutsam aufgearbeitet, in Teilen erneuert sowie das Dach neu eingedeckt werden. Drinnen restaurierten Experten behutsam die blau-weiße Malerei im Bauernbarock an der imposanten hölzernen Decke. Im vergangenen April waren die Arbeiten abgeschlossen.

Kurze Zeit später startete die Hörspielkirche, eine Idee von Britta Ros-
talsky. Für die Tagesausflügler hat Kreiskantor Peter-Michael Seifried einige kurze Musikstücke auf der Prensdorfer Orgel aufnehmen lassen, die per Tastendruck abrufbar sind, ebenso wie Willkommensworte der Pfarrerin, Verse in Fläming-Platt von Dahmer Oberschülern sowie das Dahmer Heimatlied des Männerchores. An mehreren Wochenenden wurden zudem Hörspiele für Kinder und Erwachsene aufgeführt.

Das Konzept müsse langsam reifen, sagen Britta Rostalsky und Ines Kafert. Sie suchen weitere Partner, beispielsweise beim Rundfunk, die ihnen helfen können, die Hörspielpalette noch flexibler zu gestalten. Insgesamt jedoch ist ihr erstes Fazit positiv. „Das Konzept passt zum Charakter der Kirche. Sie ist wie eine Insel der Ruhe in unserer hektischen Zeit“, sagt die Pfarrerin. Zu ihrem Pfarrsprengel gehören fünf Gotteshäuser, im Förderkreis Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz, dem die Langengrassauerin Annegret Gehrmann vorsteht, sind es mehr als 50, die erhalten sein wollen. Jede Kirche ist anders, hat ihre eigenen Möglichkeiten, so Britta Ros-
talsky. Einerseits müsse spürbar bleiben, dass es um ein Gotteshaus geht, andererseits müsse Kirche sich öffnen, beschreibt sie die Herausforderung. „Die Veranstaltungen sind eine Chance, Menschen zu interessieren, die sonst nicht kommen würden“, so die Pfarrerin.

In Prensdorf verbindet das Kirchenprojekt Christen und Nichtchristen. „Jeder nimmt Anteil an dem, was passiert. Und alle sind schon ein bisschen stolz auf das, was wir gemeinsam geschafft haben“, erzählt Ines Kafert. Was wohl auch daran liegt, dass Nachbarn in Niendorf, in Görsdorf und anderswo, deren Kirchen ebenfalls eine Kur nötig haben, inzwischen auf das kleine Prensdorf schauen.

Was bedeutet das neue Leben in der alten Kirche für das Dorf, für seine Menschen? Wo haben sie weitere Wünsche? Wo sehen sie Grenzen? Wie gehen andere Orte der Region mit ihren Dorfkirchen um, haben vielleicht gute Erfahrungen, von denen Nachbarn womöglich profitieren könnten? Darüber wollen wir beim RUNDSCHAU-Stammtisch „Vor Ort“ am 25. Oktober in Prensdorf mit den Einwohnern und anderen Interessierten aus der Region reden. Als Gesprächspartnerinnen auf dem Podium  mit dabei sein werden Annegret Gehrmann, Vorsitzende des Förderkreises Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz, Pfarrerin Britta Rostalsky sowie die Prensdorfer Initiatorinnen der „Freunde des Kirchturms“ Ines Kafert und Doreen Roy. Beginn ist um 18.30 Uhr in der Kirche.

Von Carmen Berg, erschienen in der Lausitzer Rundschau

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