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17.06.2013

Romantische Klänge in der Stadtkirche

„Geh aus, mein Herz und suche Freud“, treffender als mit den Worten des Kirchenlieddichters Paul Gerhardt lässt sich das Gesamterlebnis aus Orgelmusik, Kirchen, Landschaft und Begegnungen kaum beschreiben. Im Rahmen der 23. Brandenburgischen Sommerkonzerte führte am Sonntag eine Orgelreise die Teilnehmer in die Luckauer Region.

Anschaulich und anekdotenreich setzte Ortschronist Dr. Michael Bock die Gäste aus Berlin über die Geschichte der Golßener Stadtkirche ins Bild.
©Foto: Birgit Keilbach/bkh1

 

Nach der ersten musikalischen Station, der Amalien-Orgel in der evangelischen Pfarrkirche „Zur frohen Botschaft“ in Berlin Karlshorst, erfüllten 80 Frauen und Männer mit ihren Stimmen das Schiff der Golßener Stadtkirche. Pfarrer Martin Nikolitsch hatte ihnen gegenüber nicht übertrieben, als er die ausgezeichnete Akustik im Gotteshaus betonte.

Über die wechselvolle Geschichte erfuhren die Gäste anekdotenreich erzählte Details vom Stadtchronisten Dr. Michael Bock. Darunter auch jene Episode, bei der die 1810 zur Besichtigung des Bauzustandes angereisten Inspekteure durch die maroden Bretter der Empore auf die Kirchenbänke am Beichtstuhl fielen. Ab sofort war danach das Gebäude gesperrt und die Golßener hielten ihre Gottesdienste in einer Interimskirche ab.

In der heutigen Gestalt und Ausstattung war die Golßener Stadtkirche dann in neun Jahren errichtet und im September 1820 eingeweiht worden. Ihre Orgel erhielt sie jedoch erst 1908. Unter Verwendung von eingelagerten Teilen des Prospekts der aus dem Jahr 1778 stammenden Schröther-Orgel wurde diese von Alexander Schuke für den Kirchenraum gebaut.

2010 bekam sie dank umfangreicher Restaurierung ihren ursprünglichen, hochromantischen Klang zurück. Diesen brachte Landeskirchenmusikdirektor Dr. Gunter Kennel den Zuhörern mit kurzen Stücken nahe. Mit einem Ausschnitt aus der Mendelssohn-Sonate B-Dur stimmte er schon auf das bevorstehende Konzerterlebnis mit den Klängen der Barockorgel in der Luckauer Nikolaikirche ein. Zuvor jedoch konnten die Musikliebhaber noch die kleine spätbarocke Claunigk-Orgel in der Dorfkirche von Waltersdorf erleben.

Edith Paetzold kennt ähnliche Veranstaltungsreihen wie die Brandenburgischen Sommerkonzerte bereits aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Dabei lerne sie die Landschaft und neue Orte kennen. „Deshalb war mir diese Konzertreise durch die historischen Kirchen auch ganz wichtig“, sagte die Berlinerin. Besonders gefalle ihr die Schlichtheit der hiesigen Kirchen, „ganz anders als die üppig ausgestatteten Barockkirchen in Süddeutschland.“

Diesen Eindruck nahm auch Ingeborg Mulzer von der Konzertreise mit. „Damit konzentriert sich in den Kirchen alles auf das Wesentliche, Gott zu loben“, und es sei spürbar, wie liebevoll die Gotteshäuser von den Gemeinden betreut würden, schilderte die Berlinerin ihr Empfinden. Ganz unterschiedlichen Orgeln und Musikstücken an einem Tag lauschen zu können, macht für Dietmar Pertsch den Reiz der Orgelreise aus. „Ein zweiter Aspekt ist der touristische. Denn so lernt man viele Orte in Brandenburg einmal näher kennen, wie die Stadt Golßen, die mir vorher kein Begriff war“, erklärte der Berliner Musikfreund.

Kurt und Karin Wiedwald nutzten die Orgelreise insbesondere, um die Orgelklänge in der Golßener Stadtkirche zu erleben, „weil wir vor Jahren einmal die Schuke-Werkstatt in Werder besucht haben.“

An der Veranstaltungsreihe schätzen sie zudem, dass mit den Konzerten einerseits junge Künstler gefördert und andererseits die jeweiligen Kirchengemeinden unterstützt werden. „Besonders gut gefällt uns, dass die Gemeinden oder Vereine immer eine schöne Kaffeetafel für uns herrichten“, ergänzte Karin Wiedwald.

Zum Thema:
Neben dem Kennenlernen verschiedener Orgeln in Kirchen der Region konnten die Gäste der Brandenburgischen Sommerkonzerte auch den Skulpturenpark und die Glaskunstgalerie der Künstlerin Beate Bolender in Kasel-Golzig besichtigen. Zur Lesung unter der Dichterweide im Hof des Luckauer Bohnstedt-Gymnasiums lud Ulrich Grober ein. Das traditionelle gemeinsame Abendliedersingen an den Schlossbergkellern mit dem Luckauer Freundeskreis der Brandenburgischen Sommerkonzerte beschloss die erlebnisreiche Entdeckungsreise der hauptstädtischen Musikliebhaber im Süden Brandenburgs.

Von Birgit Keilbach, erschienen in der Lausitzer Rundschau

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