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08.10.2013

Lehrstunden mit Königinnen

Studenten spielen an Niederlausitzer Orgeln / Zweite Akademie mit internationaler Beteiligung
LUCKAU Die Niederlausitz verfügt über einen ganz besonderen Schatz: Eine außergewöhnlich konzentrierte Ansammlung spätromantischer und spätbarocker Orgeln. Für Studierende bieten sie eine ideale Möglichkeit, ihr Können zu vervollkommnen. So entstand die Idee einer Niederlausitzer Orgelakademie. In diesem Jahr fand sie zum zweiten Mal statt.

Marie Zahradkova aus Prag erhält an der Spätbarock-Orgel in Waltersdorf Unterricht bei Professor Matthias Maierhofer.
Foto: Keilbach/bkh1

 

Simon Albrecht sitzt an der Glietsch-Orgel in Zieckau. Ganz weit nach links geschwungen hat der 20-jährige Kirchenmusik-Student seine Beine. In schnellem Wechsel setzt er seine Fußspitzen auf zwei Pedale. Er übt Fußsätze eines Stückes von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Das Stakkato der tiefen Töne klingt für den Hochschullehrer Prof. Martin Schmeding aus Freiburg noch zu abgehackt. „Es geht darum, den Fuß noch ruhiger zu halten, damit die Töne noch dichter kommen“, gibt er Orientierung.

Simon Albrecht intoniert den Satz nochmals. Der Professor nickt. So gelingt es, das Adaptieren der Fußsätze für diese Orgel mit dem spätbarocken Klang.

Für den Studenten ist das Spiel auf dem historischen Instrument eine neue Erfahrung. Nicht nur die Maße des Spieltisches sind ganz anders als von der Orgel an der Leipziger Musikhochschule gewohnt. „Es ist ein deutlicher Unterschied, ob ich auf einer Orgel mit 50 Registern spiele oder auf einer mit sieben Registern.“ Das fordert Gehör und Talent des künftigen Kirchenmusikers heraus. „Hat ein Stück einen Ton, der auf der Orgel nicht vorhanden ist, muss ich anders spielen – aber so, dass es dem Zuhörer nicht auffällt“, beschreibt er die Aufgabe.

Bei der Umsetzung hilft Professor Martin Schmeding. Dieser schätzt am speziellen Meisterkurs in der Niederlausitz die Intensität. Wie seine drei Kollegen unterrichtet er an jedem Kurstag nur vier Studenten an zwei historischen Orgeln. Lernende und Lehrer pendeln an diesem Tag zwischen Zieckau und Golßen.

Jeder Student hat Gelegenheit, nach dem Unterricht noch individuell am Instrument weiter zu arbeiten. Einer spielt, einer hört zu. Dann ist Wechsel. Nicht so, wie in anderen Meisterkursen, wo 20 zuhören, ohne selbst üben zu können. Das ist das Besondere.

Die kurzen Entfernungen zwischen den Kirchen sind das entscheidende Kriterium dafür, dass der Kurs überhaupt in dieser intensiven Form stattfinden kann. In den Kirchen von Waltersdorf und Langengrassau unterrichtet Professor Matthias Maierhofer vier weitere Studenten. Er hat seit kurzem eine Professur im texanischen Austin und ist extra für die Orgelakademie angereist. Denn es ist ihm wichtig, dass Studenten viele verschiedene Ausprägungen der Instrumente kennenlernen. „Diese sind selbst hier von Orgel zu Orgel verschieden“, sagt der Hochschullehrer. Ein besonderer Aspekt sei die ausgiebige Gelegenheit der Studenten zum Austausch untereinander. „Sie können voneinander lernen und profitieren.“

In der reichlichen Übungszeit könnten sie nachempfinden, für welche Betonung, welchen Klang und welche Spielweise die Stücke von den Komponisten einst geschrieben wurden. Auf diese Weise unterrichteten die historischen Instrumente mit. „Das trägt dazu bei, dass sie die Stücke und die Spielweise aus der Zeit ihrer Entstehung heraus verstehen“, erläutert Prof. Martin Schmeding. Diese Erfahrung würden die Studenten auf die modernen Instrumente übertragen.

Soweit ist es für Maria Zahradkova aus Prag noch nicht. Doch die ganz anderen Klangfarben der Register faszinieren sie ganz besonders. „Das Spielgefühl ist anders, die Trakturen sind ganz anders als bei modernen Orgeln“, benennt Solveig Weigel aus Dillingen Unterschiede. Den Meisterkurs belegen die jungen Frauen außerdem, um von verschiedenen Lehrern zu lernen. Seminare zu speziellen Themen lieferten die passende theoretische Ergänzung. „Jeder Lehrer bringt andere Aspekte ein, das macht den großen Wert des Kurses aus“, bringt es Simon Albrecht auf den Punkt..

Von Birgit Keilbach, erschienen in der Lausitzer Rundschau

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