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27.10.2018

Lebendige Kirchen als Dorfmittelpunkt

PRENSDORF. RUNDSCHAU-Forum „LR vor Ort“ in Prensdorf thematisiert den Erhalt von Dorfkirchen für künftige Generationen.

Wie können Kirchen wieder lebendig werden? Darüber haben Doreen Roy, Annegret Gehrmann, Pfarrerin Britta Rostalsky und Ines Kafert (v.r.n.l) mit Rundschau-Redakteurin Carmen Berg (2.v.l.). diskutiert.
Foto: LR / Anja Brautschek

Die Gäste haben beim Rundschau-Forum angeregt über Perspektiven kleiner Dorfkirchen diskutiert.
Foto: LR / Anja Brautschek

 

Eine heitere Orgelmelodie erklingt in der Prensdorfer Kirche. Die Töne dringen nicht etwa aus einem Instrument, sondern aus Lautsprechern. Per Tastendruck können die Besucher zwischen einigen Musikstücken, Gedichten auf Fläming-Platt oder Erzählungen zur Kirche wählen. Denn die Dorfkirche in Prensdorf ist seit einigen Monaten die erste Hörspielkirche in der Region. Eine Kostprobe davon gab es am Donnerstagabend beim RUNDSCHAU-Forum „LR vor Ort“. Die Gäste tauschten sich dabei über „Neues Leben für alte Kirchen“ aus.

Für das Prensdorfer Gotteshaus geht das neue Angebot auf. Als offene Kirche erkunden Gäste aus nah und fern das Innere des Gotteshauses mit den kunstvollen Deckenmalereien. Ein Gästebuch zeigt: ehemalige Prensdorfer Einwohner, aber auch Besucher aus Berlin, Dresden, und sogar dem Ausland haben sich die restaurierte Kirche im vergangenen Jahr angeschaut. Dabei profitiert das Dorf auch von der Nähe zur Fläming-Skate. „Unser Ziel ist es, das Denkmal zu erhalten, aber auch mit einem Nutzen zu verbinden“, sagt Ines Kafert. Gemeinsam mit Doreen Roy hat die Prensdorferin die Bürgerinitiative „Freunde des Kirchturms“ gegründet. Seitdem die Kirche für Besucher tagsüber geöffnet ist, kümmern sie sich um das richtige Ambiente. Stets stehen frische Blumen auf dem Altar, die Kirchenbänke sind geputzt und in ihrer Freizeit haben die Frauen unter anderem auch bequeme Sitzpolster genäht. „Wir möchten den Besuchern damit zeigen, dass auch Leben in unserer Kirche ist“, sagt Ines Kafert.

Genau darin liege heute die Schwierigkeit. Das weiß auch Pfarrerin Britta Rostalsky. „Von außen werden die Kirchen gebraucht. Doch rein gehen viele nur noch zu Weihnachten“, sagt sie. Doch wie können alte Kirchen wieder mit Leben gefüllt werden? Eine pauschale Antwort dazu haben die Gäste des RUNDSCHAU-Forums nicht.

Je nach Situation im Dorf und engagierten Einwohnern müssen individuelle Konzepte für Dorfkirchen gefunden werden. „Es hängt von der Kreativität der Leute vor Ort ab. Prensdorf ist quasi ein Paradebeispiel dafür“, sagt Annegret Gehrmann, Vorsitzende des Förderkreises Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz. Ines Kafert und Doreen Roy sprudeln förmlich vor Ideen und probieren ständig Neues aus. Unterstützung bekommen sie dabei von anderen Prensdorfern. Der Bereich Hörspiel soll im kommenden Jahr noch weiter ausgebaut werden. Derzeit wird die Elektrik saniert. Damit verbessere sich auch die Tontechnik. An Wochenenden sollen dann regelmäßig Hörspiele in der Kirche angeboten werden. Die Idee dazu hatte Pfarrerin Britta Rostalsky. „Die Prensdorfer Kirche eignet sich besonders dazu. Sie ist gemütlich und prachtvoll zugleich. Das Auge kann über die Muster und Ornamente schweifen, während im Hintergrund ein Hörspiel läuft“, sagt sie.

Ob hochwertiges Theater, besondere Chöre oder Ensembles – in den Dorfkirchen der Region findet sich ein vielfältiges, qualitatives Kulturangebot. „Das ist ein Stück Lebenqualität. Aber die Kirchengemeinden sollten sich dabei nicht gegenseitig Konkurrenz machen“, sagt Annegret Gehrmann. Was fehle, sei eine Art Netzwerk für Kirchengemeinden, in denen Erfahrungen ausgetauscht werden können. „Ich kann deshalb nur jedem einen Kirchenführerkurs empfehlen. Mit den Teilnehmern sind wir noch immer in Kontakt“, erzählt Ines Kafert. Auch mit der Nachbargemeinde Görsdorf stehen die Prensdorfer in engem Kontakt. Gemeinsam bieten sie unter anderen warme Speisen zu Festen an und haben in diesem Jahr den Engelskuss, selbstgekochte Marmelade, entwickelt. Die Erlöse aus dem Verkauf kommen beiden Gotteshäusern zu gleichen Teilen zu Gute. Während Prensdorf sich der Hörspielkirche gewidmet hat, wollen die Görsdorfer den Schwerpunkt auf die Geschichte, insbesondere um Gustav Rösicke, legen. „Jeder sollte etwas Eigenes entwickeln. Aber zugleich sollten wir uns auch gegenseitig unterstützen, um von den Erfahrungen der anderen zu profitieren“, sagt Doreen Roy.

Annegret Gehrmann regt außerdem dazu an, Kirchen wieder vielfältiger zu nutzen. Das könne weiteren Zulauf bringen. „Früher waren Kirchen auch öffentliche Versammlungsräume, insbesondere in der Wendezeit für politische Diskussionen. Das wird heute häufig vergessen“, sagt sie. Vor allem Nicht-Christen scheuen oftmals den Besuch einer Kirche. Dies gilt es, durch innovative Angebote zu überwinden. „Wir sind nicht die Generation, die die Kirchen aufgibt. Aber wir sind eine Generation, die neue Wege und Formen sucht“, sagt Pfarrerin Britta Rostalsky.

Von Anja Brautschek, erschienen in der Lausitzer Rundschau

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