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05.09.2012

Große Stimme in kleiner Kirche

Berliner Bariton Ulf Dirk Mädler begeistert 50 Musikfreunde in Zieckau
ZIECKAU. Mit ihrem Arienkonzert „Mi dulce amor – Mein süßes Lieb'“ standen die Veranstalter in direkter Konkurrenz zu den Veranstaltungen des Brandenburgtags in Lübbenau und wurden durchaus ehrenhafte zweite Sieger: Um die 50 Musikfreunde lauschten in Zieckaus kleiner Dorfkirche mit wachsender Begeisterung Arien über das Auf und Ab in Liebesdingen.

 

Der Berliner Bariton Ulf Dirk Mädler führte mit kraftvoll-kerniger Stimme durch diese Opernwelten, nuancenreich und anregend am Klavier von Nico A. Stabel begleitet.

Nach einem heiteren Einstieg aus dem „Wildschütz“ über einen liebestollen, bei den Dorfschönen balzenden Gutsherren ging es mit Papagenos liedhaften Träumen von seiner Papagena zum kämpferischen Figaro aus „Figaros Hochzeit“, der überlegt, wie er seinem Herren Bescheid stößt, der Figaros Braut Susanna mal so nebenbei „vernaschen“ will. Figaro weiß allerdings einiges über die Listen der Frauen und versucht, mit seiner berühmten Arie „den armen betörten Männern“ darüber die Augen zu öffnen – das Rollenportrait gelang Mädler, in der Originalsprache singend sehr überzeugend. Für das Publikum gab es hingegen in einem Programmheft alle Übersetzungen.

Erotischer Sieger nach dem Posa aus „Don Carlos“ blieb vor der Pause eindeutig und mit reichlich Applaus belohnt, der Torero aus Carmen mit seiner Arie.

Pausengespräch war eindeutig Mädlers voluminöse Baritonstimme, für den Gesang in großen Häusern geschult, fast den intimen Rahmen des Kirchleins sprengend.

Auch nach der Pause erreichte Mädler große Wirkung mit sicherer, strahlend-kraftvoller Höhe bei dem dramatischen Aufschwung im Prolog zum Bajazzo. Dass in ihm auch ein Komödiant von Format steckt, der sich gerne auf einer Bühne ausleben möchte, wurde erneut bei der Registerarie des Dieners Leporello deutlich, der Donna Elvira, eine der vielen von Don Giovanni sitzen gelassenen Frauen, dessen Eroberungsregister vorliest: Hunderte Frauen in ganz Europa, in Spanien sogar 1003.

Das nachfolgende Ständchen zeigte Don Giovanni eher kernig-viril denn als schmelzenden Kavaliersbariton: Mädler ist aus den Rollen seiner Anfangsjahre in Magdeburg aus den Bereichen des Spiel- und Kavaliersbaritons hinausgewachsen und zu einem Charakterbariton herangereift, mit reichlich Kraft für die große Arie des Fliegenden Holländers, wenn allerdings auch hier noch die tragfähige Tiefe des „Heldenbaritons“ weiterentwickelt werden muss. Einen Sonderapplaus erhielt nach dieser Arie zurecht Nico A. Stabel, der am Klavier den Orchesterpart sehr musikantisch-inspiriert aufleuchten ließ und all‘ die Differenzierungen und Farbschattierungen des riesigen Wagnerschen Orchesterapparats aus den Tasten zu zaubern vermochte.

Die wiederum sehr spielfreudig vorgetragene Figaro-Arie aus Rossinis Barbier von Sevilla war der gut gelaunte „Rausschmeißer“ des Konzerts. Das dankbare Publikum erklatschte sich noch eine Zugabe, die Arie des Danilo aus der „Lustigen Witwe“Kommentar eines älteren Zuhörers: „Das sang zu meiner Zeit der Heesters“, Replik des schlagfertigen jungen Sängers: „Zu meiner Zeit auch noch.“

Zusammengehalten wurde das Programm durch Zwischentexte des Veranstalters, Lothar Treder-Schmidt, der mit Augenzwinkern und leichter Ironie durch die Opern- und Arienwelten mit ihren Liebesträume und -katastrophen führte. Am Ende großer Applaus für ein facettenreiches Programm und für die Begegnung mit einer großen Baritonstimme, der man sonst in Magdeburg, Kassel und Hamburg begegnen kann und – ab nächste Woche in den Berliner Sophiensälen in der komischen Oper „Die heilige Ente“ von Hans Gál.

Von red/LTS, erschienen in der Lausitzer Rundschau

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