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25.09.2012

Bunburisieren mit dreifachem Ernst

Oscar Wildes Komödie „Bunbury“ in Uckroer Kirche
LUCKAU/UCKRO. Der schöne Schein einer perfekten Fassade zählt alles in der doppelbödigen Moral der „besseren Gesellschaft“, die Oscar Wilde in seiner Komödie „Bunbury“ persifliert. Die Schauspieler des Vereins „Theater in der Kirche“ haben Wildes nuancenreichen Wortwitz, gepaart mit köstlicher Situationskomik, am Sonntag im Uckroer Gotteshaus aufgeführt.

Im mit viel Liebe zum Detail gestalteten Bühnenbild zeigt sich John (Hannes Lindenblatt, 2. v. l.) der Mutter seiner geliebten Gwendolen (Antje Gospodar, l.) Lady Bracknell (Sabine Sommerfeld, Mitte) durchaus gewachsen. Cecily (Julia Klein) und Algernon (Tobias Grabowski von rechts) verfolgen gespannt den flotten Wortwechsel.
Foto: Keilbach/bkh1

 

Die Erwartungen der bereits erfahrenen Kirchen-Theatergänger wurden auch beim vierten Gastspiel des Tourneetheaters aus dem Küstriner Land voll erfüllt. Hannes Lindenblatt und Tobias Grabowski spielen die zwei Freunde John Wortling und Algernon Moncrieff. Während Algernon einen kranken Freund Bunbury erfindet, um sich aus der Stadt zu Abenteuern aufs Land zu flüchten, nutzt John einen ebenso erfundenen, leichtfüßigen Bruder namens Ernest, um sich in der Stadt der von ihm heiß begehrten Gwendolen nähern zu können. Als jedoch deren Mutter und zugleich Algernons Tante, Lady Bracknell (Sabine Sommerfeld), erfährt, dass dieser Mann keineswegs eine standesgemäße Partie ist, stehen Heiratsaussichten für John schlecht. Das ändert sich erst, als der umtriebige Algernon sich dem 18-jährigen Mündel von John, der liebreizenden Cecily, als Ernest erfolgreich nähert. Als die zwei wohlerzogenen Damen der „besseren Gesellschaft“ jedoch feststellen, dass wohl jede von ihnen mit einem gewissen „Ernest“ verlobt ist, fliegen Worte wie Pfeilspitzen der vermeintlichen Nebenbuhlerin über die Schulter entgegen.

Das Doppelleben der zwei Freunde fliegt auf und die Damen sind wieder versöhnt. Lady Bracknell erkennt zudem in der Lehrerin von Cecily ihre frühere Gouvernante und klärt mit deren Hilfe die Herkunft Johns auf und es stell sich heraus, dass er erstens tatsächlich auf den Namen Ernst getauft wurde und der Algernons Bruder ist. In dem ganzen Verwirrspiel bringt die Schauspieltruppe die Oberflächlichkeit einer übersteigerten Wertschätzung von Aussehen, Rang, Namen und Herkunft trefflich auf den Punkt. Mit ihrem begeisterten Beifall bekunden dies die rund 80 Zuschauer in der Kirche.

„Es ist eine großartige Leistung des Ensembles“, schätzen Karin und Hartmut Leyh nach der Aufführung ein, die das kulturelle Ereignis im Ort zum ersten Mal wahrnahmen. Christa Redlich hat sich das Theater in der Kirche auch diesmal nicht entgehen lassen, „denn es ist fantastisch, dass Kultur auf diese Weise in den Dörfern geboten wird.“ Sie schätzt vor allem die Gelegenheit, nach der Aufführung noch mit den Künstlern ins Gespräch zu kommen.

Dafür bereitet die Kirchengemeinde in jedem Jahr einen Imbiss vor. „Das macht uns Spaß, denn wir freuen uns darüber, dass die Künstler immer wieder zu uns kommen und wir diese Kontakte mit ihnen und den Besuchern pflegen können. Es fördert auch die Gemeinschaft in unserem Dorf“, erklärt Margitta Druschke von der Uckroer Kirchengemeinde.

Erstmals hat Elena Brückner die Regiearbeit von Heidi Walier übernommen, die sich nach zehn Jahren der Arbeit mit dem Theaterprojekt anderen Aufgaben zugewandt hat. Mit dem Wechsel von der Bühne auf den Regiestuhl habe sie „eine große Verantwortung für das ganze Ensemble und die Aufführung insgesamt übernommen“, erklärt Elena Brückner. Sie hält die Fäden zusammen. Von der Auswahl des Stückes über Inszenierung, Kostüme bis zum Bühnenbild liegt jetzt alles in ihrer Hand. Dabei könne sie sich auf die Ehrenamtlichen aus dem Verein verlassen, insbesondere auf den Vorsitzenden Gernot Ernst. „Er kümmert sich um die Technik und die Produktion, fährt den Kleinbus samt Anhänger mit Requisiten und Bühnenbild.“

Der Enthusiasmus trägt auch das Ensemble, zu dem in diesem Jahr viele neue Schauspieler zählen. „Die Atmosphäre untereinander ist wirklich sehr angenehm“, schätzt Hannes Lindenblatt ein, der schon Erfahrungen mit Tourneetheatern gesammelt hat. Zudem seien die Spielorte, die Kirchen, stets eine Herausforderung. „Einige sind klein wie Wohnzimmer, andere so groß, dass man darauf achten muss, mit der Stimme auch alle Zuhörer zu erreichen“, so der Berliner Schauspieler.

Von Birgit Keilbach, erschienen in der Lausitzer Rundschau

 

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