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10.05.2009

Von Gotteshaus zu Gotteshaus

Annegret Gehrmann hat nicht ein Ziel vor Augen, sondern gleich 40. So viele Kirchen in ihrer Umgebung gilt es vor dem Verfall zu bewahren. Die Pfarrersfrau aus der Niederlausitz kämpft mit ihrem Förderverein für die Kirchen in ihrer Nähe.
Foto: Aud Krubert

 

Etwas ist anders an diesem sommerlichen Nachmittag in Rietzneuendorf. Es sind nicht die zwanzig Besucher, die sich in der Nähe des Dorfkerns versammelt haben, nein, Touristen kommen schon mal ab und zu vorbei in dieser ländlichen Idylle. Das, was anders ist, ist ein sehr seltenes Bild in dieser Gegend: Die Tür zur alten Kirche, ein 300 Jahre alter Fachwerkbau, steht offen. Und aus dem Inneren erklingt Orgelmusik.

Geduldig wartet die Gruppe vor der Kirche. Noch fünf Minuten bis 14 Uhr. Annegret Gehrmann lässt den Blick auf die etwa zwanzig Menschen, vorwiegend Rentner, ruhen. Die meisten begrüßt sie mit Handschlag, einige sogar mit Namen. So beginnt sie alljährlich ihre Kirchentour. Heute stehen vier Kirchen auf dem Programm, die erste in Rietzneuendorf.

Lichtblicke in Rietzneuendorf

Ein neu gedecktes Dach, eine Loge für den Gutsherrn und ein Taufengel über dem Taufstein, das sind die Lichtblicke in dieser Dorfkirche. Der Glockenturm sieht sanierungsbedürftig aus, hält aber stand. Die Kirche ist innen wieder in einem ordentlichen Zustand, liebevoll von den Einheimischen saniert, unterstützt vom Förderkreis Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz, den Annegret Gehrmann vor sieben Jahren gegründet hat.

Ich bin „Mädchen für alles“. So beschreibt die 49 Jahre alte Pfarrersfrau ihre Arbeit. Bei ihr laufen die Fäden zusammen. Sie koordiniert die Spendengelder, ist das Bindeglied zwischen den Gemeinden und den Förderern, organisiert musikalische Veranstaltungen, gestaltet Fotokalender und ist immer für jeden da, unermüdlich. So auch an diesem Tag.

In einer Autokolonne führt sie den Trupp an. In der zweiten Kirche, in Golßen, sind es bereits mehr als 30 Menschen geworden. Bei schönstem Ausflugswetter an diesem Wochenende im Mai kommt leicht auch eine Ausflugsstimmung auf. Bei Kaffee und Kuchen wird im Pfarrhaus gerastet, nebenbei bietet Frau Gehrmannn für die Leute, die Interesse haben, einen Blick in ihren Bauchladen, darin sind Bücher über die Kirchen in der Umgebung.

„Das wollte ich eigentlich schon immer machen“

„Das wollte ich eigentlich schon immer machen“, erklärt die 49 Jährige ihre Motivation. Ursprünglich hat sie Städtebau studiert, damals wollte sie sich um Denkmäler und Altstadtsanierung in der DDR kümmern. Daraus sind jetzt Kirchen geworden. Ein Beruf, der ihr zwar kein Geld bringt, aber doch nach Berufung klingt, denn schließlich hat sie nicht nur einen Pfarrer geheiratet, sondern stammt auch aus einer Pfarrersfamilie.

Motivation braucht es schon, um täglich aufs Neue für die Kirchen zu kämpfen, die zwar kulturell und historisch wertvoll sind, aber von den Einheimischen nur selten besucht werden.

Im letzten Ort auf der Tour, in Mahlsdorf, wird besonders deutlich, warum die Arbeit von Annegret Gehrmann so wichtig ist. Ein 110 Jahre alter Feldsteinbau ragt imposant aus der Dorfmitte heraus. Doch der äußere Schein trügt, von innen sieht die Kirche alles andere als imposant aus: Es regnet rein, die Wände haben Risse, im Winter ist es bitterkalt und im Sommer, wenn es warm oder trocken ist, kann die Orgel nicht spielen, weil es ihr an Luft mangelt.

Hier wird dringend Geld benötigt. Für die Besucher riecht es innen leicht modrig, für Annegret Gehrmann riecht es nach Arbeit, die getan werden muss.

Dieser Beitrag wurde geschrieben von Aud Krubert

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