Kirchen

Kirchen von A–Z

Zieckau


 

Bilder: Die Kirche von außen (Foto: Mathias Koch), der Altar (Foto: B. Steinhagen) und das Sühnekreuz (Foto: Mathias Koch)

   
Schlüsselhüter / Kirchenöffnungszeit
   
   Silwia Köckritz, Zieckau Nr. 34, Tel. 035453/ 52 44

Kirchenführung nach Anmeldung erhältlich bei: Silwia Köckritz
   

 

Die Kirche entstand an Stelle eines vermuteten hölzernen Vorgängerbaus als rechteckiger Feldsteinbau spätestens gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Aus der Bauzeit hat sich nur das mittlere Lanzettfenster der ursprünglichen Dreifenstergruppe im Ostgiebel erhalten. Gut erkennbar sind besonders an der Nord- und Westfassade noch die bauetappenweisen Schichtungen der Steine bei der Errichtung der Wände, die „Tagwerke“, auch die Rüstlöcher sind noch erkennbar.

Nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieg gab es eine erste Wiederherstellungs- und Umbauphase, bei der die Fenster ihre Umgestaltung zu größeren Rundbogenfenstern erfahren haben dürften. Im 18. Jahrhundert fand durch erneute Umbaumaßnahmen die Kirche schließlich ihre heutige äußere Gestalt.

1766 wurde der verbretterte Glockenturm an der Westseite angebaut und die Eingangssituation völlig neu gestaltet: An der Südfassade wurde mittig eine neue Tür durch die Wand gebrochen, die Priesterpforte rechts davon, noch gut erkennbar durch das gotische Backsteingewände, wurde zugesetzt und, sie halb verdeckend, davor der zweistöckige Patronatslogenanbau in Fachwerk gesetzt. Das Laienportal linker Hand wurde nur unten zugesetzt und darüber zu einem großen barocken Fenster erweitert. An der erhaltenen Schwelle und den Gewändesteinen sind gut die typischen „Näpfchen“ oder „Schälchen“ erkennbar, bei denen in vorrefomatorischen Zeiten zu unbekannten „Heiligungszwecken“ Steinstaub herausgebohrt wurde.

Die Glocken im Turm sind um vieles älter als dieser: die kleinere, südlich hängende, ist dem 14. Jahrhundert zuzuordnen, die größere (1 m Durchmesser) nördlich hängende ist durch gedrehte Schnurbänder und 4 Münzbilder verziert und stammt aus dem 15. Jahrhundert. An der Innenseite sind bei ihr noch eine Registraturnummer und ein großes C erkennbar: So wurde im Zweiten Weltkrieg 1942 die Glocke zur Buntmetallgewinnung mit Einordnung in eine minderwichtige Kategorie zum Abtransport und Einschmelzen freigegeben. Glück im Unglück, kam die Glocke 1949/50 beschädigt aus Hamburg zurück. Nach komplexer Reparatur beider Glocken 2018 und Ertüchtigung des Turmes sind sie jetzt täglich wieder um 12 und um 18 Uhr zu hören.

Leider ging die Inneneinrichtung der Kirche 1945 bis auf einige Bänke vollständig verloren einschließlich wertvoller Abendmahlsgeschirrteile aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Das Dorf musste geräumt werden und wurde Durchgangslager für rückgeführte Zwangsarbeiter und andere DPs. Gestühl, Orgel und Altar fielen der vollständigen Vernichtung anheim. Dank des Engagements des Ortspfarrers Arndt wurde die barocke Einrichtung von 1727/28 aus der Luckauer Hospitalkirche, die aufgelassen wurde, nach Zieckau transferiert und mit großem Geschick eingepasst, so dass sich nunmehr unter der flachen Balkendecke wieder eine barocke, wenn auch farblich in Stil der 50er Jahre gefasste Ausstattung findet.

Der Kanzelaltar wurde in der typischen Form einer Ädikula errichtet. Die ihn bekrönende Strahlenglorie musste allerdings mangels Raumhöhe in Zieckau vor dem Gebälk angebracht werden. Der Zugang zum Kanzelaltar erfolgt über die Ostempore durch den davor gebauten „Pastorenstuhl“ mit verschiebbaren, ornamental durchbrochenen Feldern, also einem ehemaligen (evangelischen) Beichtstuhl, wie man ihn in der Region bis ins 18. Jahrhundert findet. Das ebenfalls aus Luckau übernommene Gestühl ist in den Brüstungen durch Gitter aus Dreikantleisten geschmückt, wie wir das ähnlich auch in Goßmar finden.

Auch die Orgel des Luckauer Orgelbaumeiters Eduard Glietsch von 1842 aus der Heilig-Geist-Kapelle kam nach Zieckau und passte – etwas knapp – auf die Westseite der vorschwingenden Empore. Sie wurde umfassend 2005-07 restauriert, selbst die in den Buntmetallsammlungen des Ersten Weltkrieges verlorenen Prospektpfeifen wurden wieder in Zinn erneuert. Unter der Orgel befindet sich die noch funktionierende Tretbalganlage, daneben, unter dem nördlichen Teil der Empore, ein rechteckiges Wandmalereifeld mit Kruzifix, wohl aus dem 16./17. Jahrhundert.

Ein auffälligeres Kunstwerk an der Nordwand ist der Grabstein eines früheren Gutsherrn Zieckaus als Relieffigur im Harnisch aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges: Die kreisrunde Tafel zwischen dem Kartuschenwerk darüber (eine Seite Kriegsverlust) liest sich „G.S.M.S.G.“ [=Gott segne mich segne Gott] und die umlaufende Beschriftung lautet „Anno 1623 Den IVNI [Juni] Neuen Calendrs Ist der Edle Gestrenge undt Ehrenveßte OPPITIUS von Bomstorff Auff Zickau in Gott Selig Entschlafen, Seines Alters 31. Jahr D.G.Gn.“ [dem Gott gnade]

Gegenüber an der Brüstung der ehemaligen Patronatsloge, von der man auf die damals genau gegenüberliegende Kanzel schaute, ist das Allianzwappen der letzten Gutsherrenfamilie v. Blücher/v. Lochow-Petkus (nach 1910) zu sehen.

Die Patronatsloge wurde nach 1945 nicht nur ihrer Ausstattung beraubt, sondern die den Bau zusammenhaltende Zwischendecke wurde herausgetrennt, so dass die Statik und damit das Gebäude auf das Höchste gefährdet waren. Durch Notreparaturen und Unterfangungen wurde der Anbau mit Mühe gerettet bis zur Komplettsanierung der gesamten Kirche 1998. Heute dient der Raum, ausgestattet mit reparierten Kirchenbänken aus dem Vorkriegsbestand und flexibler Bestuhlung, als beheizbare Winterkirche und (mit Klapptischen) als Gemeinderaum wie auch für Ausstellungen. Bemerkenswert ist das Altarbild, eine Kreuzigungsszene von 1942, des Berliner Spätexpressionisten Ewald Vetter (1894 Elberfeld -1981 Berlin).

Neben der kirchlichen Nutzung hat sich für die Dorfkirche eine seit 25 Jahren von der Gemeinde getragene Tradition von in der Regel drei sommerliche Kirchenkonzerten herausgebildet, die ihr inzwischen ein festes Stammpublikum aus dem Dorf, aus Luckau und aus dem Berliner Raum ziehen.

Neben dem Turmeingang, an der südwestlichen Ecke der Kirche hat ein mittelalterliches Sühnekreuz Aufstellung gefunden, das ursprünglich am Weg nach Caule gestanden hat und im 19. Jahrhundert hierher versetzt wurde.

 

Lothar Treder-Schmidt (2020)

 

Quellen:
Beeskow, Hans-Joachim: Führer durch die evangelischen Kirchen des Kirchenkreises Lübben. Lübben 1998, S. 250-252
Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Brandenburg. Bearb. von Gerhard Vinken u.a. München/Berlin 2000, S. 1162-1163
Jung, Wilhelm und Willy Spatz (Bearb.): Die Kunstdenkmäler des Kreises Luckau. Berlin 1917 (Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg. Bd. 6, T. 2), S. 573-578 und 342-343
(dokumentiert den Vorkriegsbestand)
Kunstgut-Datenbank der EKBO
Treder-Schmidt, Lothar (Hrsg.): 600 Jahre Zieckau. Aufsatzsammlung zur Ortsgeschichte. Cottbus 2020, im Kapitel „Von der Kirche“ vertiefte Ausführungen zu Kirchenbau, Ausstattung, Orgel(n), Glocken und Gemeindeleben