Kirchen

Kirchen von A–Z

Riedebeck


 

Bilder: Die Kirche von außen (Foto: B. Steinhagen), der Altar (Foto: B. Steinhagen) und die Adlerprägung im Fußboden

   
Schlüsselhüter / Kirchenöffnungszeit
   
   Timo Rabe, Dorfstr. 12, Tel. 035455/869247
0171- 450 9152

Ilse Melcher, Dorfstr. 12 b, Tel. 035455/ 33 36

Kirchenführung nach Anmeldung erhältlich bei: Annegret Gehrmann, Langengrassau; Tel. 035454/393
   

 

Hinter einem breiten spätgotischen Friedhofsportal aus Feldsteinen erhebt sich eine für das kleine Dorf relativ große spätromanische Kirche. Obwohl sie zahlreiche und überraschend qualitätvoll ausgeführte Baudetails aufweist, war sie im Verlauf des Mittelalters eine von der Gehrener Pfarrkirche abhängige Einrichtung.

Die Saalkirche mit eingezogenem Chor und Apsis wurde vermutlich in einer relativ einheitlichen und zügigen Bauphase in Feldsteinmauerwerk mit Raseneisensteinecken errichtet. Ihre charakteristischen spätromanischen Baudetails lassen einen Baubeginn vor 1220/30 unwahrscheinlich erscheinen. Chor und Langhaus dürften dennoch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts vollendet worden sein, während der ursprünglich nicht geplante Turm nachträglich der gestalteten Westfassade vorgesetzt wurde. Er wurde wohl um die Mitte des 13. Jahrhunderts begonnen und um oder sogar noch vor 1300 fertiggestellt. Die Apsis ist durch einen Rundbogenfries aus Raseneisenstein sowie durch sorgfältig zugearbeitetes Feldsteinmaterial hervorgehoben. Auch die Fenster in Apsis und Chor sind aus der Spätromanik erhalten. Wer genau hinschaut, kann in der nördlichen Schallöffnung der westlichen Turmseite zwei aus den Gewändesteinen herausgearbeitete Gesichtsdarstellungen entdecken.

1959-64 fanden unter Leitung des damals zuständigen Instituts für Denkmalpflege Dresden umfangreiche Sanierungsarbeiten an der Kirche statt. Man legte große Flächen mittelalterlicher Wandmalereien frei, was offensichtlich den Anstoß zum Rückbau der Kirche im Sinne der Romanik gab. Die damals vorhandene barocke Innenausstattung einschl. Emporen wurde entfernt. Wesentliche Teile – Altar, Taufengel – befinden sich heute in der Kirche von Werben im Spreewald. Auch die im Barock vergrößerten Fenster wurden wieder in ihrer spätromanischen Gestalt rekonstruiert. Seitdem jedoch ließen immer wieder auftretende Schäden am Dach Schmutzwasser eindringen. Dadurch wurden weite Bereiche der Wandmalereien unwiederbringlich zerstört, und schließlich breitete sich echter Hausschwamm aus, sodaß die Kirche 1995 durch das Kirchliche Bauamt gesperrt werden mußte. In den Jahren darauf
erfolgte eine umfangreiche Sanierung von Dach und Mauerwerk, bei der auch die flache Holzbalkendecke eingebaut wurde.

Im Chorraum hatte man 1960 einen mittelalterlichen Ziegelfußboden freigelegt. Etliche Backsteinfliesen weisen Reliefs mit Adlerdarstellungen oder Ornamenten auf, die in das späte 13. bzw. frühe 14. Jahrhundert einzuordnen sind und die Vollendung des Kirchenbaus markieren könnten. Aus derselben Zeit stammt vermutlich die mit Backsteinen gemauerte, aus der Wand hervorkragende Sakramentsnische. Der große romanische Taufstein wurde Anfang der 60er Jahre aus einer anderen Kirche hierher umgesetzt

Der größte Teil der mittelalterlichen Wandmalereien entstand in der Zeit um 1480. Gemeinsamkeiten mit Malereien in Beesdau, Goßmar bei Luckau u. a. lassen die gleiche Werkstatt vermuten. Auf der Triumphbogenwand des Kirchenschiffs ist in Resten eine monumentale Kreuzigungsszene als vielfiguriger Kalvarienberg zu erkennen. Es ist die größte bekannte Darstellung ihrer Art in der Niederlausitz. Auf der Südwand daneben sind ein ebenfalls monumentales Bild mit dem heiligen Georg und daneben ein heiliger Laurentius zu sehen. In der gegenüberliegenden Nordostecke stehen sechs Heilige in sog. Registern.

Auf der Südwand des Chores liegen sieben Bildfelder, die nur noch schemenhaft zu erkennen sind. Es könnte sich um die Darstellung der sieben Todsünden handeln, personifiziert durch Frauen, die auf Tieren reiten. Links oberhalb dieses Registers sind Reste einer älteren Ausmalung zu erkennen – drei schmale Felder mit stehenden Figuren. Im Gewölbe der Apsis ist Jesus am Tag des jüngsten Gerichts dargestellt. Er sitzt zwischen Maria und Johannes (sogenannte „Deesis“). Neben Johannes befindet sich die seltene Darstellung einer Butterhexe. Zwischen den Apsisfenstern handelt es sich vermutlich um zwei Apostel, links Philippus mit Kreuz und rechts Judas Thaddäus mit Keule.

Sowohl in der Apsis als auch im Langhaus stehen mittelalterliche Altarblöcke und treten damit den Beweis an, daß auch Dorfkirchen jener Zeit über mehr als einen Altar verfügen konnten. In die Steinplatte der hinteren Mensa sind Weihekreuze eingeritzt, während sich auf jener vor dem Triumphbogen ein spätgotischer Schnitzaltar aus der Zeit um 1500 erhebt. In seinem Zentrum steht Anna Selbdritt, begleitet von der heiligen Barbara und der heiligen Margaretha. Das Kruzifix im sog. „Gesprenge“ zwischen Maria und Johannes dürfte noch 100 Jahre älter sein. In der Predella und den Flügeln sind verschiedene Heilige dargestellt, im linken Flügel zudem eine schöne Szene der Anbetung. Auf den Flügelrückseiten kann man Reste einer gemalten Verkündigung mit Maria und dem Engel Gabriel zu erkennen.

Seit der friedlichen Revolution wurden erhebliche Anstrengungen zum Erhalt dieser besonderen Kirche und ihrer Ausstattung unternommen:

  • 1995: Schwammsanierung im Dachbereich
  • 1996–98: div. Sicherungs- und Sanierungsarbeiten an Fassade und Turm
  • 2002: Sicherung und Wiederaufstellung des spätgotischen Flügelaltars
  • 2003: Instandsetzung der Kirchenfenster und Schalluken am Turm
  • 2009: Konservierung und farbliche Neufassung der unbemalten Wandflächen im Kirchenschiff mit Ausnahme der östlichen Triumphbogenwand.
  • 2010: Konservierg./Restaurierung der Georgsdarstellung und des Hlg. Laurentius
  • 2011: Konservierg./Restaurierung der 6 Heiligen-Darstellungen in Registermalerei
  • 2012: Pflasterung des Zugangsbereichs, Außenbeleuchtung der Kirche
  • 2016: Restaurierung des mittelalterlichen Fußbodens im Chor

 

Annegret Gehrmann (2021)

 

Quellen:
Mittelalterliche Wandmalerei in Brandenburg, Bd. 1: Der Südosten – die Brandenburgische Lausitz; Wernersche Verlagsgesellschaft und BLDAM 2010
Georg Dehio: Handbuch der dt. Kunstdenkmäler, Brandenburg; bearbeitet von Gerhard Vinken u. a.; Deutscher Kunstverlag 2000
Jung/ Spatz: Die Kunstdenkmäler der Prov. Brandenburg, Berlin 1917, Band 5, Teil 1: Kreis Luckau
Markus Agthe/Bernd Fischer/Eberhard Kirsch: Baugeschichtliche Beobachtungen an der Dorfkirche zu Riedebeck, Landkreis Dahme-Spreewald. Arbeitsberichte zur Bodendenkmalpflege in Brandenburg 12, 2003, S. 123–145
Div. restauratorische Dokumentationen
Akten der Kirchgemeinde