Kirchen

Kirchen von A–Z

Altgolßen


 

Bilder: Die Kirche von außen, der Innenraum mit Blick nach Osten und historische Grabmäler (Foto: Mathias Koch)

   
Schlüsselhüter / Kirchenöffnungszeit
   
   Michael Freitag, Dorfstr. 64, Tel. 035452/15948 od.
0170/ 23 63 251
   

 

Der niedrige Feldsteinbau entstand im 14. Jahrhundert auf einem slawischen Burgwall. Die Kirche wurde etwas außermittig auf der vertieften Plateauscheibe plaziert, und ihr Ostgiebel berührt fast den erhöhten Wallring, der auch den runden Kirchhof eingrenzt. Der separat stehende, hölzerne Glockenstuhl auf dem westlichen Wallkronenabschnitt kam wohl im 18. Jahrhundert hinzu und wurde in den 1980er Jahren saniert. In ihm hängen zwei Glocken: eine mit Durchmesser 60 cm aus dem Jahr 1748, die andere mit 80 cm Durchmesser aus dem 15. Jahrhundert.

Aus der Bauzeit haben sich je ein Spitzbogenfenster in der Süd- und Ostwand sowie die Südtür erhalten. Die Westwand wird von schweren Strebepfeilern gestützt, denn der Bau der Kirche auf einer künstlichen Holz-Erde-Aufschüttung hatte massive statische Probleme zur Folge: naturgemäss verfaulten die organischen Wallbestandteile und der Untergrund gab nach.

Auch die großen Rundbogenfenster und das Kircheninnere zeugen von einer eingreifenden Überformung 1899-1901. Der Innenraum wurde um 1965 noch einmal überarbeitet, weshalb weite Teile der Ausstattung aus der Erneuerung 1898 oder 1965 stammen. Die ehemaligen Öffnungen der Patronatsloge in der Südwand jetzt vermauert, im Westen gibt es eine neugotische Orgelempore. Auf ihr steht hinter einem Orgelgehäuse aus dem 17. Jh. ein Instrument der Firma Alexander Schuke von 1911.

Der schlichte Kanzelaltar mit Triumphbogenmotiv stammt aus dem 1. Viertel des 19. Jahrhunderts und zeigt eine Tempelfront auf vier toskanischen Säulen mit Kanzelkorb. An der Nordwand hängt ein nahezu lebensgroßer Kruzifixus aus dem 17. Jh.

An der Kirchensüdseite und im nordöstlichen Teil des Burgwalls, an dem sich Kirche und Wallkrone fast berühren, verbirgt sich eine weitere Besonderheit des Altgolßener Kirchhofs, eine Gruppe von insgesamt fünfzehn qualitätvollen Grabmalen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts, gefertigt aus Cottaer Sandstein. Neben den älteren acht Grabplatten, drei davon (siehe Lageplan: A-C) an Kirchenwänden aufgestellt und fünf auf der Wallkrone abgelegt, fallen besonders die sieben jüngeren, vollplastisch gestalteten Grabmonumente auf. Es handelt sich um zwei plastisch-figürliche Stelen, drei Schausarkophage sowie zwei Stelen mit Urnenaufsatz, die ein Doppelgrab bilden.

Die Sandsteingrabmale waren jahrzehntelang dem Verfall preisgegeben. Noch 2005 bot sich ein Bild der Verwüstung: Einige Grabplatten waren zerschlagen, die Stelen umgestürzt und in mehrere Teile zerbrochen. Aus einem Sarkophaggrab wuchs ein Baum, ein anderer war seitlich geöffnet und der dritte vollständig verschwunden. Die Einzelteile des geborstenen Doppelgrabs lagen weit verstreut. Zugunsten der Rettung und Restaurierung dieser historischen Grabmale entschied sich
die Evangelische Kirchengemeinde mehrmals, die Sanierung von Kirchturm und Kirche hinten anzustellen. Zunächst wurde für jedes Grabmal ein individuelles Restaurierungskonzept erstellt, das sich jeweils in mehrere Bauabschnitte unterteilen ließ.

2005 gab es die erste Fördermaßnahme zur Bergung der Grabmale und ihrer Restaurierung in der Werkstatt. 2006 erfolgte die Wiederaufstellung der Grabmale. Die endgültige
Fertigstellung dauerte dann bis 2008.

Die Grabbildwerke erzählen nicht nur anschaulich Altgolßener Orts- und Familiengeschichte zwischen 1709 bis 1803, sondern bilden auch im kunstgeschichtlichen Sinn einen Mikrokosmos, der die Entwicklung der Sepulkralkunst (lat. sepulcrum = Grab, Grabgelege) im Laufe des 18. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts exemplarisch spiegelt. Eine Übersicht bietet der beigefügte Lageplan.

 

Kirchhof Altgolßen, Lageplan (Darstellung: A. Weichert auf einer Plangrundlage der TU Berlin) → als pdf herunterladen

 

Annegret Gehrmann (2014)

 

Quellen:
Georg Dehio: Handbuch der dt. Kunstdenkmäler, Brandenburg; bearbeitet von Gerhard Vinken u. a.; Deutscher Kunstverlag 2000
Mathias Koch: Restaurierung von fünfzehn Sandsteingrabmalen auf dem Kirchhof Altgolßen; in „Dorfkirchen der Niederlausitz“, Hrg. A. Gehrmann, D. Schumann; Lukas Verlag 2011