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Buch-Rezension

Dorfkirchen der Niederlausitz entdecken

Die Kirche ist Aushängeschild des Ortes, nicht nur auf Postkarten. Doch gerade über die dörflichen Kirchen ist oft wenig bekannt. Doch warum ist die eine Kirche aus Feldsteinen, die andere aus Ziegeln? Woher stammt die teilweise noch erhaltene Kunst in den Kirchen? Gibt es regionale Besonderheiten? Wer mehr über die Entstehungsgeschichte, Hintergründe und Besonderheiten der Kirchen in der Niederlausitz erfahren will, den führt „Dorfkirchen in der Niederlausitz“ in das Thema ein.

 

 

Die Texte zu den Dorfkirchen stammen überwiegend von den jährlichen Tagungen des Förderkreises Alte Kirchen der Luckauer Niederlausitz. Das setzt einen Schwerpunkt, ist Stärke und Schwäche des Buches zugleich. Dort und weiter westlich nahm mit der deutschen Kolonisation auch der Kirchenbau seinen Anfang und wurde entlang der Handelswege fortgesetzt. Besiedlung und Kirchenbau standen in engem Zusammenhang mit der Struktur der kirchlichen Institutionen, auf die Karl-Heinz Blaschke hinweist.

Aber auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Patronatsherrn schlug sich im Kirchenbau nieder, wie Ulrich Waack für die Übergangsphase der meist ursprünglichen Holzkirchen zu Steinkirchen herausarbeitet.

Scheinbar eine Selbstverständlichkeit – allerdings eine, die zahlreiche Alterseinschätzungen von Kirchen anhand des Baustils infrage stellen kann. Dass wir mittlerweile mehr von den Übergängen von Holz- zu Steinkirchen wissen, liegt auch an der Erforschung von Kirchen wie in Horno, die der Braunkohle weichen mussten. Diesen verschwundenen Kirchen widmet Bernd Janowski ein eigenes Kapitel, während Eberhard Bönisch die längst verschwundenen Holzkirchen von Horno und Pritzen beschreibt.

Vieles ist durch bereits publizierte Erkenntnisse der vergangenen Jahre nicht neu. Aber mit den 20 Beiträgen von nahezu ebenso vielen verschiedenen Autoren wird ein breites Spektrum an Wissen versammelt, das einen aktuellen Überblick verschafft und einen Einstieg vereinfacht.

Diese Vielfalt birgt aber auch zugleich eine, wenn auch verzeihbare, Schwäche. Die Schreibstile variieren fast ebenso, wie der Anspruch der Text an den Leser. Die Überarbeitung hin zu einem einheitlichen Stil hätte wahrscheinlich die Grenzen des Möglichen gesprengt. Auch wären farbige Illustrationen direkt in den Beiträgen wesentlich aufschlussreicher gewesen als in Schwarz-Weiß.

Besonders, wenn es um die Farbgestaltung mittelalterlicher Dorfkirchen um Luckau geht, die Hans Burger beschreibt. Oder wenn Judith Kauffeldt anhand der spätgotischen Wandmalereien der Dorfkirche Riedebeck im Vergleich mit denen in Beesdau (beide Dahme-Spreewald) und Briesen (Spree-Neiße) die These einer gemeinsamen Werkstatt anführt. Mit farbigen Bildern und Grafiken im Mittelteil wird versucht, dieses Manko aufzufangen.

Die Breite der Themen macht diesen Nachteil aber mehr als wett. Übersichten zur Orgellandschaft in der Niederlausitz von Albrecht Bönisch oder zu Tauf-Engeln von Werner Ziems gehören dazu, wie der Beitrag von Peter Knüvener zu den hochmittelalterlichen Skulpturen aus den Dorfkirchen. Wobei Knüvener den Bestand als bislang nur lückenhaft untersucht und publiziert einschätzt und ein eigenes Forschungsprojekt zur Erfassung und Bewertung fordert.

Kirchen sind mehr als Gebäude, ihr Gemeindeleben wird vor allem von den Pfarrern geprägt. Dass diese keineswegs in Saus und Braus lebten, beschreibt Mitherausgeberin Annegret Gehrmann am Beispiel von Langengrassau. Den Pfarrern standen zwar gewisse Einnahmen zu, aber diese einzutreiben, blieb ebenfalls Problem des Geistlichen. Ihr Beitrag zeigt, wie schwierig es für die Gemeinden war, Kirche und Pfarrhaus mit Nebengebäuden zu erhalten.

„Dorfkirchen in der Niederlausitz“ ist als mehr als eine Beschreibung von Gebäuden. Das Buch zeigt, was die Dorfkirchen noch beherbergen und wie sie mit der Umgebung verwoben waren. Vielleicht sollte es mehr Gruppen wie diesen Förderkreis geben, der mit eigenen Konzertreihen und Radtouren für seine Ziele wirbt (www.kirchen-luckauer-niederlausitz.de) und mit diesem Band weit über „seine“ 28 Kirchen hinausgegangen ist.

Fazit: Wer über den eigenen Kirchturm hinausblicken will, wird nach der Lektüre dieses Buches auch die eigene Kirche mit ganz anderen Augen sehen.

 

von Jürgen Scholz (Text erschienen unter www.lr-online.de)

 

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